Ackerland darf nicht zum Spekulationsobjekt werden 
  
  

Vortrag von Biolandwirt Jens Cordes bei der FGBO und Roland-Regional

Steege begrüßt den Referenten Jens Cordes

20.05.‘19

von Uwe Dammann

Ottersberg. Viele werden es schon gemerkt haben, nicht nur die Immobilienpreise schießen derzeit in die Höhe, sondern auch die Preise für gewöhnliches Ackerland. In der dicht besiedelten Bundesrepublik wird der Besitz von Grund und Boden immer mehr zum Luxusgut – insbesondere und kurioserweise auch für die Landwirte, die zur Bewirtschaftung auf große Flächen für Ackerbau und Viehzucht angewiesen sind. Besonders trifft das auch auf die Biolandwirte zu, die wegen der strengeren Richtlinien – beispielsweise im Demeter-Landbau – auch auf Grünland für ihre Rindviecher angewiesen sind.

Aus diesem Grund hatte die FGBO gemeinsam mit dem Verein Roland-Regional Bildung und Wissen e. V. den Demeter-Landwirt Jens Cordes aus Stuckenborstel zum Vortrag und Diskussion zur jüngsten öffentlichen Mitgliederversammlung eingeladen. Und das vorweg: Die Veranstaltung, die in den Galerieräumen „Oben bei Froben" stattfand, erfreute sich eines großen Besucherandrangs. So gut wie alle Plätze waren besetzt. Die vielen Besucher dürften ihr Kommen kaum bereut haben. Landwirt Jens Cordes referierte anschaulich und informativ über ein spannendes Thema, das Verbraucher wie die regionale Landwirtschaft gleichermaßen betrifft.

Nach der Begrüßung des FGBO-Vorsitzenden Harald Steege sowie der Einführung von Wilfried Voortmann vom Verein Bildung und Wissen, erläuterte Cordes per Powerpoint-Präsentation, dass die Preise für Acker- und Weideland in den vergangenen 20 Jahren dramatisch gestiegen sind. Kostete 1998 ein Hektar Ackerland noch etwa 17 000 Euro, musste der Landwirt im Jahre 2018 schon über 25 000 Euro dafür bezahlen. Wobei es bei diesen Preisen auch wieder große regionale Unterschiede gibt. Ackerland in Bayern ist deutlich teurer als ein Acker beispielsweise in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern. Die Gründe für die Preistreiberei lassen sich schnell erklären. Boden wird knapper. Allein 90 Hektar werden täglich versiegelt, also bebaut – mit Straßen oder Häusern. Immer mehr Flächen werden für die weltweit steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln benötigt. In Deutschland nutzen obendrein die hoch subventionierten Betreiber der Biogasanlagen immer mehr Ackerland für ihre Energiepflanzen – bevorzugt Mais, wie an den zunehmenden Monokulturen auf den Äckern deutlich zu sehen ist. Und zu guter Letzt wird ganz allgemein in Ackerland investiert, da die Besitzer größerer Vermögen derzeit den Erwerb von Grund und Boden als sicheres und risikofreies Investment betrachten. Hinzukommt, dass die „Enkelgeneration" als die heutigen Erben der Flächen, so Cordes, keinen oder nur einen geringen Bezug zur Landwirtschaft haben und deshalb ihr Land möglichst gewinnbringend verkaufen wollen.

All diese Faktoren führen dazu, dass der Landwirt immer seltener Flächen pachten oder ankaufen kann, weil entweder Boden gar nicht zur Verfügung steht oder für einen Betrieb nicht mehr erschwinglich ist. Genau an dieser Stelle warb Cordes für eine vor vier Jahren gegründete Genossenschaft namens Kulturland eG. Dieser Genossenschaft haben sich bereits 430 Menschen angeschlossen, die mit ihrem Genossenschaftsanteil dafür sorgen wollen, dass landwirtschaftliche Flächen für regional arbeitende Betriebe auch künftig zur Verfügung stehen. Die Kulturland eG. erwirbt Ackerland, Wiesen, Weiden, Hecken und Biotope und stellt das Land regional eingebundenen Bauernhöfen zur Verfügung, die Bio-Lebensmittel vor Ort vermarkten, Führungen anbieten, Naturschutz und Landschaftspflege betreiben, soziale Betreuung leisten oder erlebnispädagogisch mit Schulklassen arbeiten. Der Hof von Jens Cordes aus Stuckenborstel ist ebenfalls Nutznießer dieser Genossenschaft. Mit einem Mindestanteil von 500 Euro kann hier jeder Genosse werden. Mit der Beteiligung erwirbt Kulturland eG Ackerland, Wiesen, Weiden, Hecken und Biotope. Jedes Genossenschaftsmitglied ist direkt am Hofleben beteiligt.

Das so investierte Geld wirft keine Zinsen ab – sein Ertrag liegt in der Zukunft, bei den Kindern, bei selten gewordenen Tieren und Pflanzen, beim Erhalt von naturgebundenen „Heimatplätzen". Die Beteiligung ist obendrein stets kündbar, so dass der Anteilseigner wieder über das Geld verfügen kann. Aber natürlich kann jeder auch noch einen Schritt weiter gehen und die Beteiligung später in eine Spende oder Zustiftung umwandeln. Damit können Kulturland den Boden auf Dauer für eine regional eingebundene Biobewirtschaftung sichern. „Die Qualität des Geldes hat sich dann verwandelt: Aus einem marktgängigen Tauschmittel ist Bodenfruchtbarkeit, Zukunft und „Heimat" geworden", heißt es auf der Homepage www.Kulturland.de.

Landwirtschaft Jens Cordes musste auf der FGBO-Mitgliederversammlung noch viele Fragen der Zuhörer beantworten, die sich aber am Ende einig waren. Ackerland und Weiden dürfen nicht zum Spekulationsobjekt für den Geldmarkt werden, sondern müssen zum Erhalt der Produktion an gesunden Lebensmitteln zur Verfügung stehen.

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Übrigens:

"Wer nichts waget, der darf nichts hoffen."

Friedrich Schiler

Wer ist eigentlich:

Astrid Enger

Sozialpädagogin, Jahrgang 1967, verheiratet, drei Kinder
Lebt mit Familie seit 2013 in Ottersberg.

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